Im Hörnlingen in Rankweil und bei Lisilis Biohof in Meinigen ist man sich einig: Nachhaltiges Handeln ist im Bereich Lebensmittel von enormer Bedeutung. Und dazu zählt auch die Vermittlung von Wissen.
Verarbeiten und vermitteln
Nachhaltigkeit spielt heutzutage in sehr vielen Bereichen eine wichtige Rolle. Michael Kühne vom Lisilis Biohof findet den Begriff gar schon ein wenig abgelutscht. Die Bedeutung des Themas an sich will er keineswegs kleinreden, er spricht aber lieber von „Enkeltauglichkeit.“ Für ihn bedeutet das: „Wir wollen dieses Stück Land so bewirtschaften, dass wir es irgendwann unseren Enkeln in einem intakten Zustand weitergeben können.“ Deshalb setzen Michael und seine Familie schon seit 30 Jahren auf biologische Landwirtschaft beziehungsweise Kreislaufwirtschaft. Das Futter für die Tiere wächst am Hof, der Mist wird wiederum als Dünger verwendet.
Dass diese Art den Familienbetrieb zu führen gut funktioniert, liegt auch an der Direktvermarktung: die Produkte sind im Hofladen und als Abo-Kiste erhältlich und werden an ausgewählte GastronomInnen geliefert. Zu diesen zählt auch Dominic Mayer vom Hörnlingen in Rankweil. Dessen Art ein Lokal zu führen, passt wiederum perfekt zu Lisilis Biohof. Weil man dort im Einklang mit der Natur arbeitet, anstatt auf Masse zu produzieren, gibt es immer nur das, was es eben gibt. „Und dann ruf ich Dominic an und sag ihm: Du, ich habe krumme Karotten. Und er sagt: Super, nehme ich“, so Kühne und ergänzt: „Würden wir den Handel beliefern, würden die sagen: Die können wir nicht verkaufen.“
Beim Hörnlingen läuft vieles anders als in gewöhnlichen Restaurants. Auch das hat mit Nachhaltigkeit zu tun: Mayer und sein Team servieren hauptsächlich Überraschungsmenüs, erst seit kurzem gibt es auch Tellerservice. Meist wissen die Gäste aber gar nicht, was sie kriegen. Die Menüs wechseln ständig, wodurch Mayer auch gegenüber Lieferanten enorm flexibel ist. Zudem wird alles selbst produziert. „Wir produzieren jeden Teig und zerlegen jedes Tier selbst. Bei uns geht nichts auf den Teller, was wir nicht selbst gemacht haben“, erklärt Mayer. Was das mit Nachhaltigkeit zu tun hat? „Wenn du alles selbst verarbeitest, kannst du auch alles verwenden. Das ist finanziell nachhaltig und hat wiederum Auswirkungen auf die Tierhaltung. Zudem haben wir kaum Abfall. Wir bewirten in der Woche rund 150 bis 200 Gäste und haben nicht mehr Bio-Müll als eine gewöhnliche Großfamilie“, erklärt Mayer. Und er hat noch einen weiteren wichtigen Punkt: „Meine Lehrlinge lernen extrem viel. Dadurch kriegen wir wieder Fachkräfte, die diese Art des Arbeitens beherrschen und Freude am Kochen haben.“
Und damit sind wir bei einem weiteren Punkt, der sowohl im Hörnlingen wie auch auf Lisilis Biohof eine wichtige Rolle spielt: die Weitergabe von Wissen. „Wenn wir keine Fachkräfte mehr haben, die das Handwerk von Grund auf beherrschen, wird es auch schwierig mit der Nachhaltigkeit“, sagt Mayer. Denn von heute auf morgen einen Betrieb auf Regionalität und Saisonalität umzustellen, sei ohne entsprechendes Wissen nicht möglich. Dabei geht es um Fragen wie: Was muss gleich verarbeitet werden? Was kann man länger hängen lassen? Wie kann man Sommergemüse so verarbeiten, dass man es auch im Winter verwenden kann. „Wenn du dieses Wissen nicht hast, dauert das drei bis vier Jahre, bis es richtig funktioniert. Das tut sich keiner an. Wenn wir eine Kehrtwende schaffen wollen, müssen wir bei den Jungen ansetzen“.
Ähnlich sieht es auch Kühne im Hinblick auf die Landwirtschaft. Denn dass das Wissen darüber, wie unser Essen entsteht und wo es herkommt, weniger werde, lasse sich mit einer einfachen Tatsache belegen: „Früher gab es in Meiningen über 20 Höfe, jetzt sind es noch fünf oder sechs. Es gibt also naturgemäß viel weniger Menschen, die einen Bezug zur Landwirtschaft beziehungsweise einen Einblick in die Arbeit auf einem Hof haben.“ Auch deshalb bemüht man sich bei Lisilis Biohof aktiv um das Thema Wissensvermittlung. Beispielsweise ist jeder Tag – „außer Sonntag, da wollen wir unsere Ruhe haben“ – ein Tag der offenen Tür. Wer möchte, kann vorbeikommen und sich den Hof ansehen. Dort gibt es Tafeln mit Informationen über die Tiere und das Gemüse und auch die Abo-Kiste wird immer mit der so genannten Kisten-Info ausgeliefert. Zudem kommen im Zuge von „Schule am Bauernhof“ auch immer wieder Schulkinder vorbei. „Wir versuchen zu vermitteln: Hey, das ist irgendwann mal euer Schnitzel. Die Kinder sagen dann. „Neeein“. Dann sage ich: „Doch. Aber ihr könnt aussuchen, ob ihr ein Schnitzel von hier wollt oder von einem Tier, dass in einem kleinen Stall eingepfercht war.“ Und wenn sich diese und ähnliche Fragen im Bewusstsein – nicht nur der jüngeren Generation verankern – dann ist das zweifellos auch ein Schritt in Richtung Nachhaltigkeit im Lebensmittelbereich. Beziehungsweise: Enkeltauglichkeit.
Tipp
Vielfältiges, saisonales Gemüse von den eigenen Feldern, Milchprodukte wie Joghurt, Topfen, Butter oder Frischkäse aus Brigittes Milchkammer, Getreide und Kräuter aus eigenem Anbau – das alles findet man im Hofladen von Lisilis Biohof. Zudem stehen die Menschen am Biohof natürlich auch für Gespräche und Wissensaustausch zur Verfügung.